Das Metabolische Syndrom
29. Januar 2023 von Esther Neumann
Übergewicht, erhöhter Blutdruck, erhöhter Blutzucker und erhöhte Triglyceride bei gleichzeitig erniedrigtem HDL sind Wegbereiter des Herzinfarktes. Allein in Deutschland zählen 15 Millionen Menschen in diese Risikogruppe. Auch in den sogenannten Entwicklungsländern spielt das Übergewicht immer eine größere Rolle. Aus diesem Grund kümmert sich auch die WHO, die Welt-Gesundheits-Organisation, besonders um das Problem des Metabolischen Syndroms.
Definition of Terms
Das Metabolische Syndrom (MTS) stellt eine komplexe Stoffwechselstörung dar, deren Leitsymptom die Insulinresistenz ist. Das ist ein ungenügendes Ansprechen der Muskel-, Fett- und Leberzellen auf die Wirkung des Insulin. Die Bauchspeicheldrüse produziert also genügend Insulin, aber die Reaktion der Zellen darauf ist ungenügend. In 1999 hat die WHO folgende Parameter für die Diagnose des Metabolischen Syndroms festgelegt: Diabetes oder Insulinresistenz zusammen mit 2 der folgenden Faktoren:1)
- Abdominal obesity with a waist/hip ration of above 0,9 in men and over 0,85 in women or Body Mass Index over 30 kg/m2
- Elevated triglyceride levels above 150 mg/dl; decreased HDL, men below 35 mg/dl and women below 39 mg/dl
- Elevated blood pressure above 140/90 mmHg
- urinary albumin excretion rate above 20 μg/minute
Ursachen
In den letzten Jahren hat man verstärkt bei den genetischen Faktoren geforscht. Die Körperzusammensetzung, die Art und Durchblutung der Muskelfasern und die Hormon- und Enzymausstattung spielen beim Entstehen des MTS eine wichtige Rolle. Aber ausgelöst wird das Problem erst durch Fehlverhalten der Person selbst. Alkohol, Rauchen und Stress sind wichtige Auslöser, aber auch Fehlernährung und vor allem Bewegungsmangel. Aus diesen Gründen spricht man auch vom Wohlstands-Syndrom.
Folgen des MTS
Wie der Name schon sagt, geht es vor allem um Stoffwechselerkrankungen wie Adipositas (starkes Übergewicht), Diabetes, Bluthochdruck, Störung der Blutgerinnung und Störungen im Fettstoffwechsel. Daraus entstehen Organschäden wie arterielle Verschlusskrankheiten, koronare Herzerkrankungen, Schlaganfall, umganssprachlich Arterienverkalkung.
Übergewicht
Laut WHO stellt das Übergewicht bereits eine Pandämie dar, eine weltweite Seuche. Es ist die häufigste Ursache für Bluthochdruck und Diabetes. Dabei spielt weniger das absolute Gewicht eine Rolle, sondern mehr die Fettverteilung. Das Fett um den Bauch macht uns viel mehr zu schaffen als das Fett an den Oberschenkeln und Hüften. Denn das Fett liegt nicht einfach unschuldig in den Fettzellen und verhält sich ganz ruhig, bis es einmal gebraucht werden sollte. Sondern Fettgewebe gilt als hormonelles Organ. Aus den Fettzellen werden viele verschiedene Substanzen, ähnlich Hormonen, abgegeben. Diese wiederum beeinflussen die Blutgerinnung, die Insulinresistenz, den Bluthochdruck und steuern den Energieumsatz um nur einiges aufzuzählen.
Bewegungsarmut
Bewegungsarmut stellt schon für sich alleine einen Risikofaktor dar. Die moderne Technik nimmt uns sehr viele Tätigkeiten ab, zu denen früher die Bewegung zwingend war. Das geht von der Fernbedienung für Geräte über elektronische Schreibmaschinen bis zum Auto und der Rolltreppe. Viele Berufe werden heute sitzend und auch viele Freizeitbeschäftigungen im Sitzen ausgeführt. Die Bewegung bleibt auf der Strecke. Dabei würden wir sie dringend brauchen, um das Bauchfett wieder abzubauen. Denn die Notzeiten, für die ja ein gewisser Vorrat an Fett sehr gut wäre, kommen zur Zeit glücklicher Weise nicht. Es sollten hin und wieder ein Fastentag oder Tage ohne Abendessen eingefügt werden – also eine programmierte Notzeit – um dem Fett auf den Leib zu rücken.
Erhöhte Fettwerte
Erhöhte Triglyceride sind oft erblich bedingt. Aber auch die Ernährung spielt eine wichtige Rolle. Essen wir fettreich, kurven viele Triglyzeride im Blut herum. Auch überschüssige Kohlenhydrate werden in Fett umgewandelt und müssen eingelagert werden. Dazu braucht es wieder Insulin. Diabetes bahnt sich an durch überkalorische Ernährung.
Es gibt aber glücklicherweise auch Lebensmittel, die die Triglyceride senken können. Dazu gehören: Soja, Hülsenfrüchte, Avocado, Zwiebeln, Weizenkeime und Vollkornprodukte. Wir sollten diese Lebensmittel oft in unsere tägliche Ernährung einbauen. Die meisten helfen auch gleichzeitig Blutdruck zu senken. Darüberhinaus bringen sie kein Cholesterin mit und helfen es sogar zu senken.
Denn auch Cholesterin soll möglichst niedrig gehalten werden. Cholesterin ist lebensnotwendig. Darum produziert es der Körper auch selber. Ohne Cholesterin wäre das Leben fad, denn es ist Ausgangssubstanz für die Sexualhormone, auch für die Gallensäure, Aldosteron und Cortison. Auch hier gibt es Lebensmittel, die helfen, den Cholesterinspiegel zu senken: Es sind vor allem die Nüsse und Avocado, aber auch alles Obst und Gemüse. Das LDL transportiert das Cholesterin in die Körperzellen. Man spricht vom LDL immer als vom bösen Cholesterin. Dabei ist es nur das Taxi für das Cholesterin. Gefährlich wird es erst, wenn es oxidiert, also mit Sauerstoff reagiert und sich als Plaques in den Gefässwänden ablagert. Das kann man vermeiden, wenn nicht geraucht wird, möglichst wenig Stress aufgebaut und viel Obst und Gemüse gegessen wird. Daraus kommen die Stoffe, die das LDL schützen.
Erniedrigtes HDL
Die meisten MTS-Patienten haben niedrige HDL-Werte. Hohe Werte stellen aber einen Schutz für die Gefässe dar. HDL ist das Taxi für Cholesterin zurück zur Leber, wenn es in den Zellen nicht gebraucht wird. Wir können die HDL-Werte erhöhen durch viel Bewegung. Menschen, die ein Bewegungstraining durchführen, haben höhere Werte.
Erhöhter Blutdruck
Etwa 40% der Übergewichtigen haben auch einen erhöhten Blutdruck. Kein Wunder, denn für jedes zusätzliche Kilo Fett müssen 3,5 km neue Blutgefässe angelegt werden. Das Herz muss darum auch mehr arbeiten. Rauchen, Tee und Kaffee verengen die Gefässe zusätzlich und sollten gemieden werden. Äpfel, Birnen, Grapefruits, Kürbis und Sellerie helfen mit, den Blutdruck zu senken. Sie haben kaum Natrium, dafür viel Kalium. Diese zwei Mineralien sind es vor allem, die den Blutdruck regulieren. Wurst, Käse, Schinken und Gepökeltes liefern viel Natrium, das den Blutdruck erhöht. Darum sollten wir diese Lebensmittel meiden.
Erhöhter Blutzucker
Auch diese Ursache des MTS kann erblich bedingt sein. Auslöser ist aber auch hier wieder der Lebensstil. Bewegungsmangel, Übergewicht und falsche Ernährung fördern die Entstehung von Diabetes. Auch die Folgeschäden des Diabetes sind sehr schwer wiegend: Erblinden, Nierenversagen, Amputation von Beinen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Was kann man tun? Hier ist wieder Gewichtsreduktion durch Bewegung und eine vernünftige Ernährung angesagt. Oliven- oder Rapsöl sind positive Fettquellen, auch Nüsse und Samen. Obst, Gemüse und Vollgetreide bringen viel Ballaststoffe, machen satt und helfen, dass der Zucker aus der Nahrung langsamer ins Blut fliesst.
Medikamentöse Behandlung des MTS
Leider ist es so, dass MTS ein ganzes Paket an Stoffwechselentgleisungen liefert. Und so schaut auch die medikamentöse Behandlung aus. Ein oder gleich mehrere Medikamente für ein Problem sind die Folge. Und schon ist eine halbe Apotheke beisammen. Der Arzt muss die wichtigsten Medikamente verschreiben. Leider hat ein Arzt selten Zeit für eine Lebensstilberatung oder er hat wenig Erfahrung mit einer vernünftigen Ernährung.
Der weitaus vernünftigere Weg wäre aber eine Umstellung des Lebensstils und der Ernährung, wie bei den einzelnen Punkten aufgeführt worden ist.
Hoffnung
Eine Gruppe von Medizinern, die sich sehr eingehend mit dem MTS befassen, machen Hoffnung: „Das MTS lässt sich grundsätzlich effektiv behandeln. Nehmen Übergewichtige mit einem MTS deutlich an Gewicht ab, ist bei den meisten die Stoffwechselstörung verschwunden. Fast alle können ihre Medikamente reduzieren oder ganz absetzen.“
Dazu möchte auch ich Mut machen. MTS Patienten müssen einen Weg finden, sich mehr zu bewegen. Selbsthilfegruppen bieten sich hier an. Warum nicht selber eine gründen, wenn keine in der Nähe ist? Ernährungs- und Lebensstilkurse bringen Hilfe. Lebensstiländerungen sind also Unternehmungen in die richtige Richtung, – und der Erfolg ist gewiss!
Esther Neumann
Esther Neumann studierte Ernährungswissenschaften auf der Universität Wien. Seitdem schrieb sie für viele Jahre für das Gesundheitsmagazin „Leben und Gesundheit“, und führte Gesundheitsvorträge in vielen Orten Österreichs durch.
Referenzen
↑1 | R M Parikh, V Mohan. Changing definitions of metabolic syndrome. Indian J Endocrinol Metab. 2012 Jan-Feb; 16(1): 7–12. doi: 10.4103/2230-8210.91175 |
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Ein Artikel von RundumGesund.org