Bittere Kräuter für unsere Gesundheit

1. Mai 2022 von Esther Neumann

Weil viele Menschen nichts bitteres mögen, hat die Agrarwissenschaft so manchen Bitterstoff aus den Wildpflanzen hinausgezüchtet. Süße und milde Nahrungsmittel regen aber zur Völlerei an. Das hat nichts mit Appetit zu tun. Warum produzieren so viele Pflanzen auch Bitterstoffe? Können wir Menschen daraus einen Nutzen ziehen?

Bittere Kräuter für unsere Gesundheit

So manches Kräutlein, das am Wegrand oder in der Kräuterspirale wächst, schmeckt bitter. Aber nur diejenigen Heilpflanzen, deren Wirkprinzip allein auf das Vorhandensein sogenannter Bittermittel zurück geführt werden kann, nennt man Bitterstoffdrogen. Unter Droge versteht man hier nicht ein Rauschgift, sondern einen pflanzlichen Stoff, der als Medizin oder Gewürz wirkt. In den Kulturpflanzen ist in der Regel der Bitterstoffgehalt gegenüber den Wildformen durch Selektionszüchtungen wesentlich geringer.

Amara

Bitterstoffdrogen werden in der Phytotherapie Amara genannt. Nun sind Bitterstoffe keine einheitliche Gruppe. Zum Teil kennt man noch nicht einmal ihre Struktur. Man weiß aber dass Terpenoide, Phenole, Alkaloide und Purine bitter schmecken können. Auch gewisse Zuckerarten wie die β-Mannose und Gentiobiose schmecken bitter. Bestimmte Formen von Aminosäuren, das sind die kleinsten Bauteile der Eiweißstoffe, können bitteren Geschmack hervorrufen. Aus der Gruppe der anorganischen Verbindungen ist das Bittersalz (Magnesiumsulfat) gut bekannt. Es kommt natürlich in Tafelwässern vor und wirkt steigernd auf die Speichel- und Magensaftbildung, regt die Darmbewegungen und die Bauchspeicheldrüsensekretion an und steigert so das Allgemeinbefinden.

Je nach dem welche weiteren chemischen Verbindungen mitwirken bei der Bildung des bitteren Geschmackes, werden die Bitterstoffe in drei große Gruppen eingeteilt.

Amara tonica

Heilkräuter die zu diesen reinen Bitterstoffdrogen gehören bewirken eine intensive Anregung der Magensaft- und Gallensekretion. Unter Sekretion versteht man die Absonderung bestimmter Säfte aus Drüsen. Daher ist es sinnvoll, Bitterstoffdrogen als „Aperitif“ vor dem Essen einzunehmen. Bitterstoffdrogen verschreibt man gerne bei fehlendem Appetit und zur besseren Verdauung. Sie haben darüber hinaus auch eine tonisierende, kräftigende Wirkung. So helfen sie bei Schwächezuständen von Rekonvaleszenten, bei blutarmen, nervösen oder ganz einfach erschöpften Menschen. Sie wirken auch stärkend auf das Immunsystem. Typische Vertreter von solchen Heilpflanzen sind Tausendgüldenkraut oder Gelber Enzian.

Bitterstoffdrogen sind im Kaltwasser-Auszug leicht löslich. Man setzt sie kalt an und lässt sie einige Stunden unter gelegentlichem Umrühren, ziehen. Dann siebt man ab und erwärmt auf Trinktemperatur. Der Tee soll vor der Mahlzeit ungesüßt getrunken werden. Ein Sprichwort sagt: „Eine Arznei muss bitter schmecken, sonst wirkt sie nicht.“

Tausendgüldenkraut ist in manchen Ländern geschützt. Apotheken beziehen die Droge aus Ländern, in denen sie nicht geschützt ist. Die Bitterstoffe finden sich vor allem in den Blüten und Stängeln. Die Droge wirkt bei Appetitlosigkeit, mangelnder Magensaftabsonderung, und Magenkrämpfen. Früher wurde sie auch bei Fieber eingesetzt. Mit der Zeit gewöhnt man sich an den bitteren Tee. Wer sich gar nicht damit anfreunden kann, kann ihn 1 : 1 mit Pfefferminze mischen.

Tausendgüldenkraut - Photo source: Wikimedia.org
Tausendgüldenkraut

Auch der Gelbe Enzian ist geschützt. Früher war er für die Bergbauern ein lästiges Unkraut. Weil er so beliebt war für die Aperitifs, wurde er beinahe ausgerottet und musste unter Schutz gestellt werden. Die Bitterstoffe sitzen in der Wurzel. Der Wirkstoff mit dem höchsten Bitterwert heißt Amarogentin. Der Stoff schmeckt noch in einer Verdünnung von 1:20 000 bitter. Neben Appetitanregung sind Magen,- Darm,- Leber- und Gallenbeschwerden die gängisten Anwendungsgebiete für den Enzian. Bei übersäuertem und reizempfindlichen Magen ist Enzian aber nicht zu verwenden.

Gelber Enzian - Photo by Bernd Haynold, Wikimedia.org
Gelber Enzian

Amara aromatica

Neben den Bitterstoffen kommen in dieser Gruppe auch größere Mengen aromatischer Öle vor. Daher kommen noch zusätzliche Wirkungen durch die ätherischen Öle dazu. Sie wirken entzündungshemmend, harntreibend, expektorierend (abhusten), krampflösend und tonisierend.

Weil ätherische Öle leicht flüchtig sind, bietet sich hier bei der Zubereitung der Aufguß an. Man übergießt die Droge mit kochendem Wasser und lässt etwa 10 – 15 Minuten ziehen. Die Einnahme ist sinnvoller Weise nach dem Essen.

Zu den aromatischen Bitterstoffdrogen gehören die Schafgarbe, der Wermut, Benediktenkraut (gelb blühende Bitterdistel) oder Engelwurz.

Das Benediktenkraut (Cnicus benedictus) hat seinen Namen vom Lateinischen benedictus = gesegnet. Man hat dieses Heilkraut früher bei sehr vielen Krankheiten angewendet. Heute weiß man, dass der Bitterstoff Cnicin die Drüsen im Magendarmtrakt, die Verduungssäfte produzieren, stimulieren. Auch die Leber und Bauchspeicheldrüse wird unterstützt in ihrer Funktion. Die Distel besitzt zudem noch Schleimstoffe, die bei Reizungen der Schleimhäute heilend wirken. Schlecht heilende Wunden können mit einer Abkochung des Krautes gereinigt werden, denn das Cnicin wirkt gegen gramnegative Keime und gegen grampositive Bakterien. Bei Hämorrhoiden kann man Sitzbäder damit machen.

Benediktenkraut - Photo by H. Zell, wikimedia.org
Benediktenkraut

Die Schafgarbe (Achilea millefolium) wird ebenfalls bei Magen- Darm- und Gallebeschwerden und zur Appetitanregung verwendet. Wegen dem ätherischen Öl Azulen wirkt das Kraut zusätzlich desinfizierend, entzündungswidrig und krampflösend. Bei Mädchen und Frauen wirkt der Tee sehr gut bei schmerzhafter Regelblutung und Spannen in den Brüsten vor der Regel. Der hohe Gehalt an Kalium regt die Nieren zur Wasserausscheidung an.

Schafgarbe - Photo by André Karwath, wikimedia.org
Schafgarbe

Die jungen Schafgarbenblättchen kann man ganz fein geschnitten als Gewürz für Salate, Suppen, Eintöpfe und Weichkäsezubereitungen verwenden.

Amara acria

Bitterstoffe die zusätzlich Scharfstoffe enthalten, nennt man sinnigerweise Amara acria. In den einheimischen Heilpflanzen findet man solche Stoffe kaum. Sie kommen in Ingwer, Galgant, Pfeffer und Paprika vor. Solche Drogen verbessern auch die Kreislauffunktion. Man weiß heute, dass die Verdauung den Kreislauf wesentlich stärker belastet als man bisher allgemein angenommen hat. Daher ist es wirklich sinnvoll, keine sehr schwer verdaulichen Gerichte zu verzehren, wenn man sowieso schon Kreislaufprobleme hat.

Ingwer (Zingiber offizinalis) wird vor allem als Gewürz gehandelt. Die scharf schmeckenden Stoffe Gingerol und Shogaol regen die Verdauungssäfte und den Appetit an. Neuerdings gebraucht man Ingwerpulver auch gegen Reisekrankheiten. Man darf es aber nicht bei Schwangerschaftserbrechen einsetzen. Ingwer wirkt auch erwärmend. Daher ist er ein beliebter Tee im Winter.

Frisch geerntete Ingwerpflanze mit Wurzel - Photo by Sengai Podhuvan, wikimedia.org
Ingwerpflanze mit Wurzel

Galgant (Alpinia officinarum) ist dem Ingwer im Aussehen und den Wirkstoffen sehr ähnlich. Er ist in China beheimatet.

In der Schale der Pfefferkörner kommt das scharfschmekende Alkaloid Piperidin vor. Daher würzt der schwarze, ungeschälte Pfeffer auch stärker als der geschälte weiße. In Indien ist es bekannt, dass der Pfeffer verdauungsfördernd wirkt und auch Darmparasiten abtötet. In den dort üblichen Dosen kann er aber die Schleimhäute der Harnwege und des Verdauungstraktes reizen, hat also auch sehr deutliche Nebenwirkungen.

Fazit

Der kleine Streifzug durch verschiedene Heil- und Gewürzpflanzen hat uns gezeigt, dass Bitterstoffe sehr wohl ihre heilsame und gesundheitssfördernde Wirkung haben. Wir sollten sie daher vermehrt einsetzten. Ganz besonders im Frühling und Sommer, wo wir so manches Kraut, oft auch als (Un)kraut am Wegrand oder im Gemüsebeet finden, sollten wir sie ganz bewusst in unsere Ernährung einbeziehen oder bei Bedarf Teekuren damit machen. „Unsere Wiesen und Wälder sind die besten Apotheken!“ hat Paracelsus bereits im 16. Jahrhundert gesagt.

Eigentlich produzieren die Pflanzen die Bitterstoffe zu ihrem eigenen Schutz. Sie wollen durch den bitteren Geschmack von den Tieren und Insekten nicht gefressen werden. Wie wir gesehen haben, dienen dieselben Bitterstoffe aber auch uns Menschen zum Heil. Wenn das nicht eine sehr vernetzte Idee unseres Schöpfer-Gottes ist? Er hat gleichzeitig an den Schutz unserer Pflanzen und unseres Körpers gedacht und für die Tiere gibt es so manch anderes besser bekömmliches Kräutlein.

Esther Neumann

Esther Neumann

Esther Neumann studierte Ernährungswissenschaften auf der Universität Wien. Seitdem schrieb sie für viele Jahre für das Gesundheitsmagazin „Leben und Gesundheit“, und führte Gesundheitsvorträge in vielen Orten Österreichs durch.

www.ernaehrungaktuell.at


Ein Artikel von RundumGesund.org

Echinacea – Eine alte Heilpflanze

16. Januar 2022 von Esther Neumann

Sie kommen wieder, die nasskalten Tage an denen wir uns zurücksehnen nach den heißen Sommertagen. Und mit ihnen kommen Schnupfen, Husten und Halsschmerzen, die ungebetenen Begleiter der kalten Jahreszeit. Wir sind ihnen aber nicht auf Gedeih und Verderben ausgeliefert. Wir können unser Immunsystem stärken. Und wenn wir doch einmal eine Verkühlung eingefangen haben, gibt es pflanzliche Wirkstoffe, die uns helfen, leichter damit fertig zu werden. Eine sehr hübsche Pflanze möchte ich Ihnen hier vorstellen. Sie blüht bei uns in vielen Gärten, den ganzen Sommer über. Die meisten kennen sie aber nur als Zierpflanze und wissen gar nicht, was für heilende Kräfte in ihr stecken.

Echinacea - Eine alte Heilpflanze

Botanik

Der Amerikanische Sonnenhut, eine Rudbeckie, gehört zu den Korbblütengewächsen. Der Stängel hat eine Länge von 30 bis 120 cm. An der Spitze sitzt eine einzige große Korbblüte mit kegelförmigem Blütenboden und 12 bis 15 zartrosa bis purpurrot gefärbten Strahlenblüten. Der Sonnenhut stammt aus Amerika. Er ist auch in unseren Gärten heimisch geworden. Verwildert kommt er nur selten vor. Es gibt den Sonnenhut in verschiedenen Variationen. Zu Heilzwecken wird vor allem die Echinacea purpurea, der rote Sonnenhut verwendet.

Historisches

Echinacea ist eine alte Heilpflanze der Indianer. Sie verwendeten den frischen Pflanzenbrei oder einen Wurzelbrei bei Brandwunden, Schlangen- und Insektenbissen, schlecht heilenden Wunden und bei Fieber. Die ersten Siedler übernahmen die Anwendungen schon bald als Hausmittel bei Erkältungen. Zu uns nach Europa kam sie etwa vor hundert Jahren. Heute zählen Präparate dieser hübschen Blume in den USA und auch bei uns zu den meistgekauften pflanzlichen Immunstimulanzien. Und das mit Recht, wie viele Studien belegen.

Klinische Untersuchungen

In etlichen Studien wird der positive Effekt von Echinacea purpurea-Presssaft auf die Dauer und den Verlauf von Erkältungskranheiten festgestellt. In einer kontrollierten, Doppelblind-Studie, bei der weder der Studienleiter noch die Teilnehmer wissen, wer welches Mittel bekommt, konnte nachgewiesen werden, dass die Anwendung die Dauer einer Erkältung verkürzen konnte; die Erkältungssymptome traten weniger schwer auf. Einem Teil der Patienten mit Erkältungsanzeichen wurde zweimal täglich 5 ml Echinacea purpurea-Presssaft gegeben, dem anderen Teil ein wirkungsloses Placebo, also ein Mittel, das gleich ausschaut wie das Medikament, aber keine Wirkstoffe enthält. Durch Echinacea konnte die Zeit bis zum Abklingen der Symptome auf 6 Tage verkürzt werden. Bei der Placebogruppe lag die Erkältungsdauer bei 9 Tagen. Auch der Schweregrad der Symptome wie verstopfte Nase, Nasenlaufen und Halsschmerzen, konnte bedeutend herabgesetzt werden.

Ein weiterer Vorteil ist, dass die alkoholfreien Zubereitungen bereits bei zweijährigen Kindern angewendet werden können. Ärzte und Eltern bestätigen, dass die Präparate gut vertragen werden und den Kindern die Leidenszeit einer Verkühlung wesentlich abschwächen und verkürzen.

Ein Kind schneuzt sich - Photo by Andrea Piacquadio from Pexels

In der Literatur findet man zum Teil widersprüchliche Ergebnisse der Wirksamkeit von Echinacea. Das lässt sich darauf zurückführen, dass diese Studien mit unklar definierten Produkten gemacht wurden. Wenn unterschiedliche Arten, Pflanzenteile und Extraktionsweisen zur Anwendung kommen, führt das zu einer Verfälschung. Es kommt auch ganz darauf an, wo die Pflanze gewachsen ist und wie die Wirkstoffe extrahiert worden sind.

Man ist immer noch auf der Suche nach den genauen Wirkstoffen. Durch moderne Analysemethoden konnten schon sehr viele Inhaltsstoffe identifiziert werden wie verschiedene ätherische Öle, Terpene, Alkamide, Glykoproteine, Polysaccharide und viele andere mehr. Aber welche chemischen Verbindungen nun tatsächlich für die bekannten Wirkungen verantwortlich sind, weiß man noch immer nicht genau. Wahrscheinlich ist es einfach die ganze Pflanze in ihrer vielfältigen Zusammensetzung.

Wirkmechanismen

Echinacea purpurea hat eine phagozytose-stimulierende Wirkung auf Granulozyten. Granulozyten gehören zu den weißen Blutkörperchen. Sie dienen der Abwehr von Mikroorganismen. In unserem Fall der Verkühlung machen sie die eingedrungenen Krankheitserreger unschädlich, in dem sie sie umfließen und so außer Gefecht setzen. Auch die Anzahl der weißen Blutkörperchen wird durch den Presssaft erhöht.

Man kann allgemein sagen, dass das Immunsystem gestärkt wird. Dadurch wird die körpereigene Abwehrkraft gesteigert. Die Bildung und die Aktivität der Antikörper wird stimuliert. Es werden vermehrt Interleukine gebildet, das sind Kommunikationseiweißstoffe, die der Immunregulation dienen. In der Leber werden vermehrt Akute-Phase-Proteine gebildet, die ebenfalls der Infektionsabwehr dienen.

Auch die Anzahl der Natürlichen Killerzellen wird gesteigert. Sie binden an virusgeschädigte Zellen und zerstören sie.
Echinaceaprodukte werden als Tropfen, Salben, Gels und Injektionslösungen angeboten. Zur Stärkung des Immunsystems können die Tropfen auf einem Stück Würfelzucker oder zu einem Löffel Honig bereits vorbeugend in der grippeverdächtigen Zeit geschluckt werden. Ist die Verkühlung bereits ausgebrochen, hilft Echinacea dabei, den natürlichen Heilprozess auf eine schonende Art zu beschleunigen.

Eine Echinacea Blüte - Photo by Mabel Amber from Pexels

Ein gesundes Immunsystem

Denken wir immer daran, dass Vorbeugung besser ist als Heilen und härten wir uns ab. Stärken wir unser Immunsystem. Das geschieht am besten durch regelmäßigen Sport und ausdauernde Bewegung an der frischen Luft. Saunagänge, Wechselduschen, eine vitaminreiche Ernährung und eine der Jahreszeit angepasste Kleidung tragen ebenfalls wesentlich zur Gesundheit bei. Versuchen wir auch unsere Gedanken durch schöne Dinge positiv zu beeinflussen. Denn eine ausgeglichene Gemütslage dient ebenfalls der Immunstärkung.

Und wenn es uns trotzdem erwischt hat, muss viel getrunken werden und für eine ausreichende Luftfeuchtigkeit gesorgt werden, was in der Heizperiode oft vernachlässigt wird. Und darüber hinaus hilft uns Echinacea purpurea schneller mit der Verkühlung fertig zu werden.

Esther Neumann

Esther Neumann

Esther Neumann studierte Ernährungswissenschaften auf der Universität Wien. Seitdem schrieb sie für viele Jahre für das Gesundheitsmagazin „Leben und Gesundheit“, und führte Gesundheitsvorträge in vielen Orten Österreichs durch.


Ein Artikel von RundumGesund.org