Ölwechsel in der Küche

27. Februar 2022 von Esther Neumann

Den Kampf ums Fett gibt es schon seit Jahrzehnten. Erinnern wir uns an die Kampagne: Butter oder Margarine aufs Brot. Die Hausfrau fragt sich händeringend, welches Öl sie auf den Salat geben soll. Dann ist da noch die Empfehlung, zwei Mal in der Woche Fisch zu essen, wegen der Omega-3 Fettsäuren, die gesund für Herz und Hirn sind.

Ölwechsel in der Küche

Was verbirgt sich hinter den Bezeichnungen Omega-3 und Omega-6? Fette und Öle bestehen aus Fettsäuren. Das sind lange Verbindungen aus Kohlenstoffketten. Darüber hinaus spricht man von gesättigten und ungesättigten Fettsäuren, wobei die ungesättigten für unseren Körper die wertvolleren sind. Ungesättigte Fettsäuren besitzen sogenannte Doppelbindungen. Omega-3 oder -6 sagt nun aus, an welcher Stelle in der Kohlenstoffkette die erste Doppelbindung vorliegt. Bei den Omega-3 Fettsäuren steht sie an dritter Stelle und bei den Omega-6 an sechster Stelle. Daher die Bezeichnungen. Omega sagt dem Chemiker, von welchem Ende der Fettsäurenkette her gezählt wird. Beide Fettsäuren kommen in Pflanzenölen vor, aber in unterschiedlicher Menge.

Omega-6-Fettsäuren

Omega-6-Fettsäuren haben 2 bzw. 3 solche Doppelbindungen. Die bekanntesten sind die Linolsäure, die Gamma-Linolensäure (GLA) und die Dihomo-Gamma-Linolensäure (DGLA). Eine Fettsäure mit 4 solchen Doppelbindungen, die auch eine wichtige Rolle spielt, ist die Arachidonsäure. Sie ist aber nicht essentiell. Der Körper kann sie aus der Linolsäure selber bilden.

Omega-6-Fettsäuren spielen eine wichtige Rolle im Aufbau der Doppelmembran aller Zellen und deren Organellen. Sie sind für den elastischen Charakter und die Fluidität besonders wichtig. Aus der DGLA werden im Körper sogenannte Reihe 1-Prostaglandine (auch Eicosanoide genannt) gebildet. Prostaglandine sind Gewebshormone die in zahlreiche Gruppen und Untergruppen eingeteilt werden. Ihre Wirkungen sind vielfältig und zum Teil gegensätzlich. Die Prostaglandine der Reihe 1 hemmen ein Zusammenballen der Blutplättchen und damit die Neigung zur Thrombose. Sie fördern die Natrium- und Wasserausscheidung über die Nieren und wirken entzündungshemmend.

Ein Mangel an Linolsäure und GLA führt zu ekzemartigen Hautveränderungen und Haarverlust. Der Leberstoffwechsel wird eingeschränkt und beim Nierengewebe kommt es zur Degeneration. Herz- und Kreislaufprobleme treten auf und bei Kindern Wachstumsstörungen.

GLA und DGLA sind nicht sehr häufig vertreten in unseren Lebensmitteln und kommen vor allem in den Samen von Borretsch, Nachtkerze und der schwarzen Johannisbeere vor. Ob die Linolsäure inflammationsfördernd oder inflammationshindernd wirkt, ist noch ein heißes Diskussionsthema.1)

Schwarze Johannisbeeren

Aus der Arachidonsäure entstehen hingegen im Körper vorwiegend Reihe-2-Prostaglandine. Diese zeigen teilweise entgegengesetzte Wirkungen zu den Prostaglandinen der Reihe 1. Sie sind entzündungsfördernd, fördern die Salz- und Wasserspeicherung und führen zu hohem Blutdruck.

Durch eine gezielte Zufuhr von GLA reichen Pflanzenölen kann man die Bildung von Prostaglandin 1 auf Kosten des Prostaglandin 2 fördern und somit einer erhöhten Entzündungsneigung und einer Belastung von Herz- und Kreislauf vorbeugen.

Viel Arachidonsäure, die wir ja meiden wollen, sind in tierischen Produkten enthalten. Schweineschmalz enthält extrem hohe Werte (1700 mg/100g), Milchprodukte dagegen etwa 50 mg/100g. Im Durchschnitt nimmt ein Fleischesser etwa 300 mg/Tag an Arachidonsäure auf, somit verstehen wir auch die vielfältigen Entzündungsreaktionen. Vegetarier nehmen praktisch keine Arachidonsäure auf, dafür aber viel Linolsäure, die in Folge die Eigensynthese von Arachidonsäure hemmt.

Omega-3-Fettsäuren

Omega-3-Fettsäuren sind die großen Stars, die Herz und Gefäße schützen. Sie senken Triglyceride im Blut, den Blutdruck und das Risiko für koronare Herzerkrankungen. Wahrscheinlich senken sie auch das Risiko, an Alzheimer zu erkranken, und vermindern bestimmte rheumatische Beschwerden. Sie senken den Cholesterinspiegel und lindern Neurodermitis. Sie dienen der Informationsverarbeitung im Gehirn. Omega-3-Fettsäuren hemmen die Bildung von körpereigenen entzündungsfördernden Schmerzmediatoren. Die Schmerzschwelle wird angehoben, der Körper nimmt Schmerzen erst bei höherer „Dosis“ wahr. Daher kommt der positive Effekt bei rheumatischen und anderen Erkrankungen wie Schuppenflechte oder Neurodermitis.

Unter den Omega-3-Fettsäuren gibt es die Alpha-Linolensäure, die Eicosapentaensäure (EPA) und die Docosahexaensäure (DHA). Sie haben ähnliche Funktionen wie die Omega-6-Fettsäuren. Aus der EPA entstehen die Reihe-3-Prostaglandine. Diese haben zwar einen mäßig fördernden Einfluss auf die Blutplättchenzusammenballung, aber sie unterdrücken die Freisetzung von Arachidonsäure aus den Zellmembranen. Dadurch hemmen sie gleichzeitig die Bildung der Prostaglandine 2. Darauf beruht die antirheumatische, entzündungshemmende und herzschützende Wirkung der Omega-3-Fettsäuren.

DHA ist speziell für die Gehirnfunktion und die geistige Entwicklung des Embryos sehr wichtig. Das Myelin, das ist die weiße Substanz die die Nerven umhüllen, ist besonders reich an ungesättigten Fettsäuren. Auch in der Netzhaut ist besonders viel DHA eingelagert.

Ein Mangel an Omega-3-Fettsäuren führt zu Wachstumsstörungen, Störungen in der Oberflächen- und Tiefensensibilität, Muskelzittern und Sehstörungen. Es kann auch zu erhöhten Triglyceridwerten kommen, die durch Gaben von Fischöl-Präparaten gesenkt werden können. Auch die Entstehung rheumatoider Entzündungen lassen sich durch Vermeidung der Bildung von Prostaglandin 2 unterdrücken.

Vorsicht ist trotzdem vor einer unkontrollierten Anwendung von isolierten Omega-3- und Omega-6-Präparaten wie Nachtkerzen- Borretsch- und Fischölen geboten. Denn die vermehrte Zufuhr von ungesättigten Fettsäuren verlangt auch deren Schutz. Besonders Menschen, die unter einem hohen oxidativen Stress stehen, also Raucher, Sportler, Menschen mit Mangel an Antioxidantien wie Vitamin C, E, A, Carotinoiden, können durch eine überhöhte Zufuhr von ungesättigten Fettsäuren mehr Schaden als Nutzen anrichten.

Die ungesättigten Fettsäuren können oxidieren und werden dadurch in sogenannte Freie Radikale umgewandelt noch bevor sie ihre biologische Funktion ausüben können. Sie wandern dann Geschossen gleich durchs Blut, durch Gewebe und Organe und hinterlassen eine Kettenreaktion an Radikalen die wichtige Strukturen wie Membrane, Vitamine oder Enzyme zerstören. Freie Radikale im Überfluss sind karzinogen.

Ist eine Fettsäure-Nahrungsergänzung geplant, sollte einige Wochen vorher für eine ausreichende Antioxidantienzufuhr gesorgt werden. Das gleiche gilt übrigens für die Durchführung einer Crash-Diät. Durch die geringe Kalorienzufuhr werden aus dem gespeicherten Fett natürlich auch ungesättigte Fettsäuren frei, die genauso durch Antioxidantien geschützt werden müssen.

Eine ausgewogene Ernährung mit viel Obst, Gemüse, Nüssen, Samen und Hülsenfrüchten garantiert auf natürliche Weise eine ausgewogene Zufuhr an essentiellen Fettsäuren ohne den Körper zu belasten.

Samen

Ein Mangel an essentiellen Fettsäuren ist eher selten. Das Fettgewebe eines normalgewichtigen und vollwertig ernährten Erwachsenen kann über 500 g Linolsäure und 25 g Alpha-Linolensäure enthalten. Zu einem Mangel kann es zwar bei einer fettfreien künstlichen Ernährung oder bei chronischer fehlender Fettaufnahme kommen.

Omega 3 Quellen

Omega-3-Fettsäuren finden sich in Pflanzenölen und im Fischöl von Kaltwasserfischen, also Lachs, Hering, Makrele, Thunfisch und Sardine. Ernährungswissenschaftler empfehlen höchstens fünfmal so viel Omega-6 (Linolsäure) zu essen wie Omega-3 (Linolensäure). Im Durchschnitt beträgt das Verhältnis aber statt fünf zu eins zehn zu eins. Wie können wir das ändern? Wir müssen unsere Fettquellen gezielter aussuchen.

Leinöl enthält viermal mehr Linolensäure (Omega-3) als Linolsäure. Hinzu kommen noch Pflanzenstoffe, die krebshemmend wirken. Leider hat das Leinöl eine unangenehme Eigenschaft. Aufgrund der vielen Doppelbindungen wird es sehr schnell ranzig. Wenn wir Leinöl für unseren Salat verwenden, dann kaufen wir nur kleine Flaschen und verbrauchen das Öl in spätestens drei Monaten. Die Flasche muss dunkel eingefärbt sein und im Kühlschrank gelagert werden. Durch diese Maßnahmen werden die wertvollen Doppelbindungen geschützt.

Statt Leinöl kann auch frisch geschroteter Leinsamen gegessen werden. Wir können den Leinsamen in einer Moulinette oder einer Kaffeemühle selber schroten. Solange der Leinsamen ganz ist, ist auch das darin enthaltene Fett mit den vielen Doppelbindungen geschützt. Geschroteten Leinsamen können wir über Salat streuen, in Suppen rühren, ins Müsli und ins Joghurt geben, in Kekse und in Brot verbacken.

Leinsamen

Leinsamen ist so wertvoll, dass er eigentlich in der Apotheke verkauft werden sollte – neben den Cholesterinsenkern. Etwa eine Milliarde Euro geben die Deutschen jedes Jahr für Medikamente aus, um ihren Cholesterinspiegel niedrig zu halten. In den meisten Fällen würde es ein Esslöffel Leinöl auch tun, und es gäbe nicht die üblichen Nebenwirkungen.

Aber gleichzeitig müssen wir darauf achten, dass wir uns genügend Vitamine der Antioxidantien-Gruppe zuführen, um die wertvollen Doppelbindungen im Fett zu schützen. Denn sogar im Körper können sie noch zerstört werden. Das sind Vitamin E, Vitamin A, Carotinoide und Vitamin C. Sie kommen alle im frischen Obst und Gemüse vor.

Eine interessante Quelle für Omega-3 ist das Hanföl. Es enthält viel Vitamin E und ist darum länger haltbar als Leinöl. Es enthält auch cholesterinähnliche Stoffe, die den Cholesterinspiegel senken können. Vor einer berauschenden Wirkung braucht man keine Angst zu haben, da das Tetrahydrocannabinol (THC) aus den Hanfpflanzen herausgezüchtet wurde. Hanföl wirkt auch Entzündungsprozessen entgegen und wird bei Hauterkrankungen wie Neurodermitis und Schuppenflechte eingesetzt. Das Omega-6 zu Omega-3 Verhältnis beträgt etwa 3:1.

Auch Rapsöl hat ein günstiges Verhältnis, etwa 3:1. Das heutige Rapsöl enthält keine Erucasäure mehr und wird für Speisezwecke auch nicht mehr extrahiert. Es wird aber selten unraffiniert angeboten.

Walnussöl hat ein Verhältnis von 5:1. Das nussige Aroma passt zu fast allen Salaten. Jeden Tag eine Handvoll Nüsse zu essen, ist sehr gesund, da Nüsse auch noch viele Mineralstoffe, Vitamine und Lezithin enthalten. Das Fett aus den Nüssen macht nicht dick, da es gar nicht in die Fettzellen gelangt, sondern im Körper zu viel wichtigeren Stoffen umgebaut wird. Wenn wir jeden Tag Nüsse essen, tun wir etwas Gutes für unsere Gesundheit.

Es wird immer wieder empfohlen, zweimal pro Woche Fisch zu essen – wegen der Schutzwirkung auf das Herz. Leider kommen in den Fischen heute bereits sehr viele Schadstoffe vor, besonders Quecksilber. Dieses hebt aber die schützende Wirkung auf. Es fördert sogar Depressionen. Auch der Verkauf von Fischölkapseln blüht. Werden sie verzehrt, sollte das Fischöl darin wenigstens gereinigt worden sein. Bitte, bei den einzelnen Produkten nachfragen. Doch es geht auch ohne Fisch, wie wir oben an den Pflanzenölen gezeigt haben.

Esther Neumann

Esther Neumann

Esther Neumann studierte Ernährungswissenschaften auf der Universität Wien. Seitdem schrieb sie für viele Jahre für das Gesundheitsmagazin „Leben und Gesundheit“, und führte Gesundheitsvorträge in vielen Orten Österreichs durch.

www.ernaehrungaktuell.at/

Referenzen

↑1Fritsche K L, Too much linoleic acid promotes inflammation—doesn’t it?, Prostaglandins, Leukotrienes and Essential Fatty Acids, Volume 79, Issues 3–5, 2008, Pages 173-175, https://doi.org/10.1016/j.plefa.2008.09.019.


Ein Artikel von RundumGesund.org